Alter Kindergarten


Hier stand der erste Kindergarten (Kleinkinderschule) Leiselheims. Er wurde im Jahr 1900 vom „Frauenverein und Jungfrauenver­ein“ in Eigenverantwortung und ohne öentliche Zuschüsse gebaut. Im Erdgeschoss waren die Räume des Kindergartens, im Obergeschoss die Wohnungen der Schwestern. Hinter dem Kinder­garten nutzte man die „Lahmekaut“ (Lehmgrube) als idealen Spiel­platz. 1933 wurde in der Bachstraße ein neuer, kirchlicher Kinder­garten erstellt und die Ortsverwaltung zog in das frei gewor­dene Gebäude ein. - Heute befindet sich hier ein Fliesengeschäft.




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 Geschichte zum Haus 
von Richard Roschy

Die ehemalige „Kinderschule“ in der Pfeddersheimer Straße
Die Damen, die sich am 23. Januar 1898 beim Wirt Gradinger trafen, waren sehr unternehmenslustig und risikofreudig: Es ging um die Neugründung des Frauen- und Jungfrauenvereins, der sich als allererstes Großprojekt den Bau der ersten Kleinkinderschule vornahm. Die Baukosten waren mit 7000 Mark veranschlagt. Cornelius von Heyl stiftete 1899 zu dem Bau 5000 Mark, und die Ortsgemeinde Leiselheim übernahm die Bürgschaft. Kreditgeber vor Ort unterstützten das Projekt; es gab viele Spender, so dass die Kredite rasch zurückgezahlt werden konnten. Weil der Bürgschaft vonseiten der politischen Gemeinde kam, war auch der offizielle Besitzer die Gemeinde Leiselheim. Der Hausbau am südlichen Ende der „Lahmekaut“ in den Jahren 1899/1900 war eine imponierende Leistung der Dorfgemeinschaft und des Frauen- und Junfrauenvereins.

Die etwa 70 bis 100 Kinder wurden von einer einzigen „Kinderschulschwester“ betreut (1898 – 1909 Schwester Anna Hellinghoff und 1909 – 1924 Schwester Marie Spieß). Ob die von der Firma Heyl vorgestreckte Summe von 5000 Mark jemals zurückgezahlt werden konnte, war wenig wahrscheinlich, wenn nicht die große Inflation des Jahres 1923 gewesen wäre: Am 1. April 1923 war dies möglich. Da dieses Geld aber nichts wert war, schenkte es Baron von Heyl dem Frauen- und Jungfrauenverein. Das Haus war nun schuldenfrei, aber die Eigentumsübertragung von der politischen Gemeinde auf den Verein wurde versäumt. Das sollte sich bald rächen. Der Streit entfachte sich an der Kinderschulschwester: Pfarrer Schell, der Nachfolger Otto Kappessers, setzte sich für Schwestern aus einem religiösen Mutterhaus ein, andere Gemeindemitglieder stimmten für freie Schwestern. Die Auseinandersetzungen entzweiten Familien und hatten eine Austrittswelle aus dem Frauen- und Jungfrauenverein zur Folge. In dieser verfahrenen Situation entschlossen sich die Kirchengemeinde und Pfarrer Schell zum Bau eines kirchlichen Kindergartens in der damaligen Cornelius-Heyl-Straße, heute Bachstraße (heute Haus der Schlaraffia). Das neue Baugrundstück war ebenfalls eine Schenkung der Firma Heyl. Im September 1932 wurde der Neubau begonnen, zwei Jahre später, 1934, war der neue Kindergarten fertig gestellt. In die ehemalige Kleinkinderschule aber zog die Ortsverwaltung ein, die ja das Haus als Besitzer beanspruchen konnte, weil 1923 keine Umschreibung erfolgt war. Die Stadt Worms verkaufte die ehemalige Kinderschule einige Zeit später an einen Gewerbebetrieb.


Hinter diesem ersten Kindergarten bot die „Lahmekaut“ einen idealen Spielplatz für die Kinder und einen wunderbaren Spazierweg für alle Leiselheimer. Schade, dass sie in den 1970er Jahren mit Schutt aufgefüllt wurde. Damit ist ein Stück Leiselheimer Geschichte und Tradition unwiederbringlich verloren gegangen.

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