Transformator Turm
Im Jahr 1909 wurde die Gemeinde Leiselheim elektrifiziert. Der Turm nahm die elektrische Über­landleitung von Herrns­heim kommend auf und speiste den Strom in die Stromständer auf den Häusern ein. 1960 wurden die Leitungen im Ort un­terirdisch verlegt. Neben dem jetzt leerstehenden Turm steht ein kleines Haus, das die Winzer ab ça. 1930 für das Anrichten der Spritzbrühe für die Weinberge brauchten. Heute benutzt der Geflü­gelzuchtverein Leiselheim dieses Gebäude.




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Geschichte zum Haus
von Richard Roschy

Der Transformator-Turm
Die Zeit um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war geprägt von einem optimistischen Fortschrittsglauben: Die allerersten Autos ratterten über die Straßen, der Überflug von Zeppelinen ließ die Menschen aus ihren Häusern strömen, um dieses höchst seltene Spektakel nicht zu verpassen. Die Segnungen neuer Erfindungen und der technische Fortschritt erreichten aber auch die Menschen in unseren rheinhessischen Dörfern. Der Pfarrer von Pfiffligheim und Leiselheim, Otto Kappesser, gab in seinem „Evangelischen Gemeindeblatt für die Pfarrei Pfiffligheim-Leiselheim“ seiner Begeisterung für die Errungenschaften der Technik lebhaftesten Ausdruck. Besonders stolz aber ist er über die Leiselheimer, die die Zeichen der Zeit erkannt hätten: Er beglückwünscht sie zu der Entscheidung, die Elektrifizierung in ihrem Dorf in Angriff zu nehmen. Die Ausgabe des „Evangelischen Gemeindeblattes“ vom September 1909 enthält ein großes Lob für das Dorf: „Leiselheim hat seinen Anschluss an die Rheinhessische Elektrizitäts-Zentrale erklärt.“ Auf die Annehmlichkeiten der Elektrizität musste der Pfarrer noch einige Monate warten, denn sein Pfarrhaus stand in Pfiffligheim und die Pfiffligheimer enttäuschten ihn. Er schreibt weiter: „Aber wir Pfiffligheimer? Können wir den Leiselheimern gratulieren, ohne sie zugleich zu beneiden? Um uns her flammt und leuchtet die neue Zeit des elektrischen Lichts wir ‚Stadtteil’ (Leiselheim war zu der Zeit noch nicht eingemeindet) wandeln immer noch im trüben Schein der Petroleum-Laternen. Wer einmal den Vorteil des stärkeren Lichts erkannt hat, mag nicht länger im trüben Scheine weiterleben.“
 
Ein Denkmal erinnert die Leiselheimer heute noch an diesen entscheidenden Schritt in ein technisiertes Zeitalter: der Transformator-Turm am Anfang der „Herrnsheimer Chaussee“. Heute, mehr als hundert Jahre später, teilen wir zwar nicht mehr die Euphorie des fortschrittsbegeisterten Pfarrherrn und die rasante technische Entwicklung hat auch ihre Schattenseiten gezeigt. Aber auch wenn sich zuweilen Ängste in unseren Fortschrittsglauben mischen, genießen wir es nicht, was damals mit der Elektrifizierung unserer Dörfer angestoßen wurde?
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